Hola lieber Leser!
Mein Name ist Emma und verbringe gerade 5 Monate an der Südküste Spaniens. Dort, wo andere gerne Urlaub machen, habe ich die Chance, einen Einblick in die Kultur, Sprache und Mentalität der Leute dieses Landes zu bekommen und die Gegend zu erkunden. Ich freue mich sehr meine Eindrücke und Erfahrungen mit dir teilen zu können. Um genau zu sein, wohne ich in der 330.000-Einwohner-Stadt Alicante bzw. in einem anliegenden Vorort namens San Vicente del Raspeig. Mit der Straßenbahn brauche ich etwa 25 Minuten in die Innenstadt von Alicante, aber theoretisch habe ich auch schon alles, was ich brauche, direkt vor meiner Haustür. Der nächste Supermarkt liegt im Erdgeschoss meines Wohnhauses und Bars gibt es an jeder Ecke.
Hier auf den Straßen ist wirklich immer etwas los und ich lebe direkt im Geschehen. Die Organisation, mit der ich hergekommen bin, heißt Schüleraustausch-Spanien und unterschiedet sich etwas von den vielen anderen, denn der Austausch findet nur in Alicante statt und wird durch Petra, eine Deutsche, koordiniert, die auch hier vor Ort wohnt. Zusammen mit ihr und den anderen Austauschschülern unternehme ich etwa einmal im Monat etwas. Da war z.B. schon ein Surfkurs und ein Trip nach Valencia dabei. Aber auch außerhalb unserer Treffen mit Petra unternehmen wir Austauschschüler total viel gemeinsam und es sind schon richtig gute Freundschaften entstanden. Meine Gastfamilie habe ich schon sehr schnell nach meiner Anmeldung für das Programm bekommen. Eine Gastmama und zwei kleine Gastgeschwister und ein Hund sind jetzt seit 3 Monaten mein zu Hause und ich bin total zufrieden. Als „herzlich und offen" werden die Spanier ja oft bezeichnet und das wird durch meine Gastfamilie auf jeden Fall bestätigt.
Zum Zeitpunkt meiner Ankunft lagen meine Spanischkenntnisse noch fast bei null und trotzdem wurde ich direkt super gut von meiner Familie eingebunden. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich schon viel besser spreche. Es ist zwar trotzdem noch manchmal schwer die Leute zu verstehen und besonders in der Schule habe ich Schwierigkeiten, aber ich merke immer wieder, wie konstant ich mich verbessere. Dafür, dass ich bei meiner Ankunft gerade sagen konnte, wie ich heiße und wie es mir geht, ist es schon toll zu sehen, wie ich ständig etwas Neues lerne. Apropros Schule: Das Schulsystem in Spanien ist auf jeden Fall stark zu unterscheiden von dem Deutschen. Mir persönlich gefällt die Schule in Deutschland auf jeden Fall besser, muss ich gestehen. Hier belege ich das „primer año de Bachillerato", was so viel bedeutet wie „das erste Jahr des Abiturs". In Spanien hat man also nicht die 11. und 12. Klasse, sondern das erste und zweite Jahr der Oberstufe. Das 13. Schuljahr gibt es hier nicht. Anders als in Deutschland gibt es in Spanien nur eine Schulform, die unterteilt ist in öffentliche und private Einrichtungen. Ich gehe hier auf eine öffentliche Schule, die „I.E.S. San Vicente" heißt, so wie mein Ort.
Die meisten Schüler laufen zur Schule oder fahren mit dem Bus. Das Fahrrad ist hier höchstens eine Freizeitbeschäftigung und die Fahrräder, die morgens vor der Schule stehen, kann man an einer Hand abzählen. Hier merke ich auch richtig, wie pünktlich wir Deutschen eigentlich sind. Ich habe mich schon dran gewöhnt, um 8:00 Uhr morgens den Unterricht zu betreten, obwohl es ursprünglich um 7:55 Uhr losgehen soll und trotzdem ist die Hälfte der Klasse noch nicht da, geschweige denn der Lehrer. Die Schulstunden hier sind ziemlich frontal und der Schüler wird selten selber aktiv. Größtenteils besteht der Unterricht aus einem Vortrag des Lehrers, zudem mitgeschrieben wird oder der Stoff für Arbeiten wird auswendig gelernt.
Das Verhältnis zwischen den Schülern und und Lehrern ist hier sehr locker. Die Lehrer werden alle mit Vornamen angesprochen und haben in der Regel ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Schülern. Für die große Pause bringt JEDER ein „Bocadillo", eingewickelt in Alufolie, mit zur Schule. Das ist hier der Sammelbegriff für ein Sandwich bzw. ein Baguette. Die Schule geht meist bis um 14 oder 15 Uhr und weil ich hier keine Noten bekomme und Arbeiten schreibe, habe ich nachmittags Freizeit. Im Sommer bin ich nach der Schule gerne ans Meer gefahren. An den Wochenenden habe ich schon so einige Trips mit meiner Gastfamilie unternommen, bei denen wir uns Städte angesehen oder Familie besucht haben.
In den Weihnachtsferien wollen wir gemeinsam für ein paar Tage nach Barcelona. Was die Gewohnheiten, Sitten und allgemein die Gestaltung des Lebens hier angeht, fallen auch, wie in jedem Land, Unterschiede zu Deutschland auf. Die Spanier sind auf jeden Fall total offen und unterhalten sich immer und mit jedem gerne und dazu auch sehr lautstark. Es gibt regelmäßig traditionelle Feste und Märkte, die hier mit Straßenumzügen, Kostümen und viel Musik gefeiert werden. Was das Essen angeht, ist es auch etwas anders als ich es gewohnt bin. Zum Mittag- und Abendessen gibt es jeweils warmes Essen und es wird mit viel Öl gekocht. Besonders an die Essenszeiten konnte ich mich auch jetzt nach 3 Monaten noch nicht gewöhnen. Weil hier abends erst gegen 21:30 Uhr gegessen wird, ist es vorprogrammiert, dass man hier nicht besonders früh ins Bett kommt. Da ist die bekannte „Siesta" gut begründet.
In genau 2 Monaten bin ich auch schon wieder auf dem Heimweg nach Deutschland und ich kann es gar nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Ich bin super gespannt darauf, was ich in der kommenden Zeit so erleben werde und wie sich mein Spanisch noch verbessert.
Wenn du überlegst, einen Auslandsaufenthalt zu machen, kann ich dir das wirklich ans Herz legen. Du kannst richtig was für dein Leben mitnehmen!
Emma W.
