Gymnasium „In der Wüste”
Schülerbegleitung, Begabungsförderung, MINT-EC-Schule, Europaschule, Musikprofil, Sportfreundliche Schule

Was ist Gerechtigkeit?

Meine Sommerferien in der Deutschen SchülerAkademie 2015

Die Akademie Roßleben
Die Akademie Roßleben
Unser Kurs: „Die Frage nach Gerechtigkeit“
Unser Kurs: „Die Frage nach Gerechtigkeit“
Unsere „Freizeit“ verbrachten wir zum größten Teil in den sogenannten „KüAs“
Unsere „Freizeit“ verbrachten wir zum größten Teil in den sogenannten „KüAs

"Wir sind hier nicht zum Spaß, sondern zum intellektuellen Vergnügen." Mit diesen Worten wurde ich am Abend meines ersten Tages an der Akademie von unserem Kursleiter, dem Juristen Fabian empfangen. Wo auf andere nun Sonne, Strand und Meer warteten, warteten auf mich zweieinhalb Wochen Kursarbeit und Akademieleben in der Klosterschule Roßleben, Thüringen.

Fünfundneunzig Schüler aus der ganzen Welt, die alle das Ziel teilen in ein oder zwei Jahren ein deutsches Abitur in der Hand zu halten, waren für siebzehn Tage nach Roßleben zu dem alten Internat an der Unstrut gereist. Jeder Schüler war in einem Kurs. Die sechs Kurse befassten sich mit Verschlüsselungen, Neuronalen Netzen, der Chemie, der Frage nach der Gerechtigkeit, Rassenbeziehungen in den USA und dem Kabarett.

Ich wollte in der Zeit der Frage nach der Gerechtigkeit auf den Grund gehen und wurde dafür von meinen Kursleitern Christoph und Fabian mit Lektüren und Fällen versorgt , um mir selbst ein Bild von der Frage machen zu können. Doch gleich zu Beginn zerbrach bei meiner Vorbereitungslektüre, die ich vor der Akademie erhalten hatte, die Hoffnung, diese jahrhundertealte Frage in Roßleben endlich beantworten zu können.

Neben meinen Kursleitern gab es an der Akademie noch zehn weitere, die jeweils zu zweit einen Kurs leiteten. Für die Gesamtorganisation waren die drei Akademieleiter verantwortlich und um die musikalische Gestaltung kümmerte sich Musicus Katharina. Denn trotz fünf Stunden täglicher Kursarbeit blieb uns noch Freizeit, die wir mit musikalischen Ensembles oder sogenannten KüAs (Kursübergreifende Aktivitäten) füllen konnten.

Zu den musikalischen Ensembles gehörten ein Chor, der täglich zwei Stunden probte, ein Orchester und ein Jazzensemble. Ich selbst hatte meine Trompete mitgenommen und probierte alles aus. KüA steht für kursübergreifendes Angebot, das man sich so wie eine AG bei uns an der Schule vorstellen kann. Diese KüAs konnte jeder Schüler anbieten und alle konnten jederzeit kommen. So konnte man Yoga im großen Garten des Internatsgeländes machen, im Computerraum Informatik lernen, im Innenhof über Europa diskutieren oder auf einem der Tennisplätze Tennis spielen. Lange und anregende Diskussionen bis tief in die Nacht waren genauso wenig eine Seltenheit wie ausgelassene Sportturniere. Mein Tag war immer ganz bunt und ich lernte jeden Tag neue Leute kennen. Schnell gehörte zu dem Akademieleben auch ein familiärer Umgang mit den Akademie- und Kursleitern.

Gemeinsam begann unser Tag nach einem ausgiebigen Frühstück jeden Morgen um halb neun im Plenum, dem Kloster des Internatsgebäudes, wo uns Kursleiter mit Liedern und Ice-Breakern fit für die anstehenden zweieinhalb Stunden Kursarbeit machten. Eine halbe Stunde später ging es dann in die Kurse. In jedem Kurs waren etwa sechszehn Schüler. Mein Kurs beschäftigte sich in diesen zweieinhalb Stunden mit den von uns im Vornherein vorbereiteten Referaten über Philosophen von Aristoteles bis Kelsen. Der Vormittag war also von Gerechtigkeits­theorien geprägt.

Nach dem Mittagessen hatten wir zwei Stunden Zeit für KüAs oder den Chor. Der Chor bereitete sich auf ein Abschlusskonzert vor, wo er Stücke wie "Africa" (Toto) und "Viva La Vida" (Coldplay) erprobte. Nach einer kurzen Pause mit Kaffee und Kuchen hieß es anschließend wieder Kursarbeit. In diesen zweieinhalb Stunden wendeten wir die morgens gelernten Theorien an. So konnte uns auch nach 2000 Jahren der Philosoph Aristoteles helfen in so manchen All­tags­pro­ble­men die Übersicht zu behalten und konnte dabei erstaunliche Ergebnisse liefern. Wir bearbeiteten spannende Fälle, analysierten und kommentierten Gerichtsurteile, ganz ohne Bürgerliches Gesetzbuch, dafür aber mit den bedeutendsten Rechtsphilosophen ihrer Zeit.

Dokumentation wird an der Akademie ganz groß geschrieben. Neben der Kursarbeit sollten wir zu zweit drei Seiten über ein Thema aus dem Kurs wissenschaftlich erarbeiteten. Ich beschäftigte mich mit einer Fallstudie zum Daschner-Prozess aus dem Jahr 2004.

Nach der abendlichen Kurseinheit und einem Abendessen hatten wir viel Freizeit. Wir organisierten in diesen Stunden großartige Projekte und saßen noch bis spät in die Nacht zusammen und diskutierten über Naturwissenschaft, Philosophie und auch über ganz alltägliche Dinge, weil wir möglichst viel von der Zeit, die uns blieb, gemeinsam verbringen wollten.

Das Wegzufahren fiel mir nach den vergangenen sechszehn Tagen außerordentlich schwer. In jedem Fall nehme ich aber mit, dass mich die Akademie sehr geprägt hat!

Hannah Graf