Gymnasium „In der Wüste”
Schülerbegleitung, Begabungsförderung, MINT-EC-Schule, Europaschule, Musikprofil, Sportfreundliche Schule

25 Jahre deutsche Einheit

Ein Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven

Am 09. Oktober sind unsere zwei Projektwochen zum Jubiläum der Deutschen Einheit zu Ende gegangen. Ziel war es, den Einigungsprozess und das Erleben der deutschen Einheit aus Perspektive möglichst vieler Beteiligter darzustellen und nachvollziehbar zu gestalten. Dies ist insgesamt auch gelungen.

 

Die Einheit als Gesamtprozess

Die im Forum aufgestellte Ausstellung "Auf dem Weg zur deutschen Einheit" zeigte den schwierigen Weg vom Mauerfall bis zur Wiedervereinigung auf 24 Tafeln und konnte diesen Weg nicht nur in den Zusammenhang der europäischen Integration stellen, sondern ebenso wie die Rolle der West- und Ostalliierten auch eine vorläufige Bilanz der deutschen Einheit gut aufbereitet präsentieren. Diese Ausstellung wurde nicht nur von zahlreichen Klassen und Kursen besucht, es bereitete besondere Freude, Schülerinnen und Schüler auch während ihrer Freistunden oder Pausen beim Studium der Tafeln zu beobachten.

 

Ein Plädoyer für Freiheit und Gerechtigkeit

Herr Dr. Reinhard Glöckner war der erste freigewählte Oberbürgermeister unserer Partnerstadt Greifswald und hat es sich trotz seiner fast 82 Lebensjahre nicht nehmen lassen, unsere Schule am 30.09. zu besuchen und vor Schülern der zehnten und elften Jahrgangsstufe einen langen Vortrag über seine Erlebnisse bezüglich des Einigungsprozesses zu halten. Dabei mischte er persönliche Erfahrungen aus allen drei Phasen (vor, während und nach der Wende), ideologische Konsequenzen, rechtliche und finanzielle Fragen sowie hoch emotionale Aussagen zu einem nicht immer stringenten, dennoch aber sehr authentischen Plädoyer für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Echte Zeitzeugen sind Menschen, echte Menschen sind sperrig und nicht immer glattgebügelt. Wer einen reinen Faktenvortrag erwartet hatte, wurde sicherlich enttäuscht, dem sei aber das deutlich gegliederte Buch von Dr. Glöckner über seine Zeit als OB von Greifswald ans Herz gelegt, dort bekommt man diesen reinen Faktenabriss, ohne allerdings die persönliche, emotionale, authentische Note. Herr Dr. Glöckner selbst sagte bei der Vorbesprechung am Abend zuvor, dass sich seine Wahrnehmung dieses bedeutenden Abschnittes der Zeitgeschichte mit der Zeit verändert habe: Durch die Niederschrift, durch das Erzählen, durch den zunehmenden Abstand und mit fortschreitendem Alter habe sich die Geschichte von seiner Erinnerung der Ereignisse verselbständigt und modifiziert.

Von der Möglichkeit, Fragen zu stellen, wurde jedenfalls von Schülerseite bis nach 13h deutlich Gebrauch gemacht und auch die Nachbesprechung in den Kursen offenbarte eine durchaus kritische, aber auch unbedingt gereifte Rezeption dieses Zeitzeugenvortrags.

Berichterstattung in der NOZ

 

130 Jahre Zuchthaus an einem Tag....

Diese und viele andere heute beinahe unfassbare Aspekte des Unrechtsregimes in der ehemaligen DDR konnte Herr Dr. Hans-Jürgen Grasemann zum Abschluss der Projektwochen am 08.10. vortragen und fachkundig erläutern. Dr. Grasemann, ehemaliger Richter, Staatsanwalt und auch stellvertretender Leiter und Sprecher der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter zur Aufarbeitung der Verbrechen des SED-Regimes, hat unsere Schule in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung besucht und beeindruckte in seinem zweieinhalbstündigen Vortrag nicht nur durch sein reichhaltiges Fachwissen, sondern er unterhielt die gebannten Zuhörer auch durch die oft humorig-trockene Art seines Sprachstils. Die anwesenden Schülerinnen und Schüler der elften und zwölften Jahrgangsstufe jedenfalls verließen gegen 13h die Aula in dem Bewusstsein, dass die von Herrn Dr. Glöckner eine Woche zuvor geforderten und gerühmten Werte Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit nicht selbstverständlich sind und bewahrt werden müssen. In der ehemaligen DDR waren sie jedenfalls offensichtlich alles andere als selbstverständlich, wie Herr Dr. Grasemann u.a. an dem oben angesprochenen Beispiel der 19 Werdauer Oberschüler aufzeigen konnte, die 1961 aufgrund einer bloßen Flugblattaktion zu insgesamt 130 Jahren Haft verurteilt worden waren: https://de.wikipedia.org/wiki/Achim_Beyer