Gymnasium „In der Wüste”
Schülerbegleitung, Begabungsförderung, MINT-EC-Schule, Europaschule, Musikprofil, Sportfreundliche Schule

Die Nacht, in der die Mauer fiel

Zeitzeugenlesung von Renatus Deckert zum Mauerfall am 05.04.2018

Der "Fall" der Berliner Mauer im November 1989 und die deutsche Wiedervereinigung im Oktober 1990 stellen für die in den siebziger Jahren und davor Geborenen ein Stück selbst erlebte Zeitgeschichte dar. Wohl jeder wird heute wohl noch wissen, wo er am 09. November 1989 von der legendären Pressekonferenz mit Günter Schabowski erfahren und wie er die darauf folgenden Ereignisse miterlebt hat. Für unsere Schülerinnen und Schüler aber gehören diese Wendepunkte der deutschen und globalen Geschichte bereits zu einer anderen Epoche, die sie "nur" noch aus Erzählungen, den Medien, dem Schulunterricht kennen. Das Leben im wiedervereinten Deutschland, in der erweiterten EU und in dieser, wenn schon nicht blockfreien, so doch zumindest international offeneren Weltordnung ist für in den späten neunziger Jahren und danach geborene Schülerinnen und Schüler bereits eine Selbstverständlichkeit.

Diesem Umstand muss der Geschichtsunterricht Rechnung tragen und den Schülerinnen und Schülern so weit und häufig wie möglich Gelegenheit geben, diese noch nahe und wirkmächtige Zeitgeschichte auf so vielen Deutungsebenen wie möglich zu erfahren und zu erleben. Auf Einladung der Fachgruppe Geschichte las Dr. Renatus Deckert am Donnerstag, dem 05. April 2018, in unserer Schulaula u.a. eine autobiografische Erzählung des Schriftstellers Durs Grünbein aus seinem Buch, das Wahrnehmungen und Erlebnisse von insgesamt 25 deutschen Schriftstellern aus BRD und DDR zum Umfeld des 9. November 1989 umfasst. Es trägt den Titel ,,Die Nacht in der die Mauer fiel". Diese Buch nun stellte Renatus Deckert Schülerinnen und Schülern des zehnten Jahrgangs des GidW vor und veranschaulichte den historischen Kontext durch eigene konkrete Erfahrungen.

In diesem Zusammenhang erzählte Herr Deckert den Zuhörern von seinen persönlichen Kindheitserinnerungen in Bezug auf das alltägliche Leben in der DDR, der ideologischen und politischen, aber besonders auch wirtschaftlichen Prägung sowie den dann folgenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen im Herbst 1989. Den Mauerfall habe er selbst als damals Zwölfjähriger im Bett verschlafen, räumte Deckert seinen Zuhörern ein. Erst am Folgetag habe er dann in der Schule davon erfahren. Zudem schilderte er seine Eindrücke von den ersten Reisen nach Westdeutschland. Dabei habe ihn besonders auch die Vielfalt der Reiseprospekte für Amerika beeindruckt und begeistert - so etwas habe es in der DDR naturgemäß nicht gegeben.

Im Anschluss an den Vortrag Deckerts erhielten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Fragen zum Leben in der DDR zu stellen. Dadurch erhielten sie noch tiefgründigere Informationen - beispielsweise zum Schulalltag, zu der (im Nachhinein deutlich gewordenen) Wahrnehmung der Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit, alltäglichen Schikanen, Einschränkungen der Freiheit oder den kleinen und großen Sorgen der Heranwachsenden.

Gekonnt und sprachlich virtuos gelang es Herrn Dr. Deckert, die Schüler durch seine anschaulichen Worte in die Zeit vor und nach 1989 mitzunehmen. Stichworte waren u.a.: Alltag in der DDR, Repression, Stasi, Indoktrination, Staat und Kirche, Schule, Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen.

Die Schülerinnen und Schüler folgten dem Vortrag sehr aufmerksam und stellten zahlreiche Fragen. Eine rundum gelungene Veranstaltung, die besonders im kommenden Jubiläumsjahr wiederholt werden könnte.

Thomas Allewelt